Büste von „Seneca“  
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Büste von „Seneca“  

Eine antike Marmorbüste, die Rubens als Souvenir aus Italien mitbrachte. Rubens dachte fälschlicherweise, sie stelle den Philosophen Seneca dar. Seneca und diese Figur nahmen einen wichtigen Platz in seinem Leben und Werk ein.   

  

Unbekannter Künstler    

Büste von „Seneca“    

Römisch, 1. Jahrhundert    

Marmor     

 

Zu sehen im Snijders&Rockoxhuis (Antwerpen)

Irren ist menschlich. Und so erging es auch Rubens. Als angehender Kunstsammler glaubte er, in Italien eine Statue des römischen Philosophen Seneca, eines seiner großen Vorbilder, erworben zu haben. Erst 200 Jahre später stellte sich heraus, dass es sich um jemand anderen handelte.    

Falsch geraten 

Plottwist: Es war der griechische Dichter Hesiodos, der sich jahrzehntelang in Rubens' Privatsammlung befand. Dies kam erst ans Licht, als 1813 ein Porträt von Seneca entdeckt wurde. Rubens erfuhr also nie von seinem Irrtum. Die antike Marmorbüste war eines der ersten Stücke in seiner Sammlung. Möglicherweise stand die Statue bis zu seinem Tod in dem halbrunden Skulpturenmuseum an seinem Haus.  

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Ein attraktiver Kopf 

Wirklich sicher ist das nicht. Im Inventar von 1640 ist von „eenighe schoone antike koppen“ (einige schöne antike Köpfe) die Rede. Für Rubens war dies viel mehr als nur ein Kopf. Seneca war zu jener Zeit sehr beliebt. Der römische Philosoph aus dem ersten Jahrhundert hatte einen großen Einfluss auf den Künstler und seinen gelehrten Freundeskreis.   

 

Seneca war ein Aushängeschild des Stoizismus, einer philosophischen Bewegung der Antike. Der talentierte Redner glaubte, dass Weisheit, Tapferkeit, Selbstbeherrschung und ein ruhiger Geist die richtigen moralischen Eigenschaften sind, um den Launen des Schicksals und des Lebens zu trotzen.  

Seneca by Rubens 

Dieser Gedanke übte auf einen Humanisten wie Rubens eine große Anziehungskraft aus. Für ihn war die griechisch-römische Antike ein kultureller Höhepunkt der Geschichte und eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Er verarbeitete das Gedankengut – eine wirkliche Lebenseinstellung – sogar in der Architektur des Portikus seines Hauses. Die Künstler der damaligen Zeit waren seine absoluten Vorbilder. Wie glücklich muss er also mit diesem Kauf während dieser Italienreise gewesen sein.   

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Rubens bildete die Büste in mehreren seiner Werke ab. Sie ist beispielsweise im Hintergrund der Vier Philosophen zu sehen, einem Werk, in dem Rubens sich selbst zusammen mit seinem Bruder Filips, Jan van de Wouwer und dem neostoischen Philosophen Justus Lipsius darstellt. Später fertigte er auch ein Porträt des sterbenden Seneca im Auftrag seines engen Jugendfreundes Balthasar Moretus an. Auch dieser berühmte Antwerpener Drucker fand seine Überzeugungen in den Prinzipien der stoischen Philosophie Senecas wieder.  

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Kunst als Statussymbol 

Dass Rubens diese Statue in seiner Sammlung hatte, ist nicht so seltsam, wie es scheint. Ab dem 16. Jahrhundert war der Kauf von Kunst nicht mehr nur Staats- und Kirchenoberhäuptern vorbehalten. Auch reiche Bürger konnten sich plötzlich Kunst und Kultur leisten. Gerade in der Handels- und Hafenstadt Antwerpen. Für die „Liebhaber der Malerei“ war dies ein Ausdruck ihres Status und ihrer sozialen Ambitionen.  

 

Unter anderem besaß der Gewürzhändler Cornelis van der Geest eine beeindruckende Sammlung. Doch niemand konnte Rubens das Wasser reichen. Neben antiker Kunst und moderneren Skulpturen besaß er auch Werke von mehreren Antwerpener Zeitgenossen und großen italienischen Malern wie Tizian, Raffael und Tintoretto.