Willem van Haecht, Die Kunstkammer von Cornelis van der Geest  
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Willem van Haecht, Die Kunstkammer von Cornelis van der Geest  

Eines der wichtigsten Beispiele für die populären Kunstkammer-Darstellungen im frühen 17. Jahrhundert. Dieses Werk stammt aus der Sammlung von Cornelis van der Geest, einem bedeutenden Antwerpener Sammler und Freund von Rubens.     

 

Willem van Haecht (1593 - 1637)    

Die Kunstkammer von Cornelis van der Geest     

1628     

Ölfarbe auf Tafel

 

Zu sehen im Museo del Prado (Madrid) 

Gemälde einer Sammlung von Gemälden. Das war ein Trend im frühen 17. Jahrhundert. 1628 lieferte Willem van Haecht mit der Kunstkammer von Cornelis van der Geest einen absoluten Klassiker des Genres. Auch Rubens taucht in dem Gemälde auf. Und das ist kein Zufall.  

  

Ein soziales Netzwerk für Kunstliebhaber 

Erzherzöge, Bürgermeister, Künstler und berühmte Sammler. Leute mit Status, Gefolge und Macht. Sie alle stehen auf der Gästeliste dieser VIP-Party. Zu sehen ist die immense Kunstsammlung von Cornelis van der Geest, der Willem van Haecht den Auftrag gab, selbige zu verewigen. Eine lebensgroße Collage aller Werke, die er besaß. Als könnte man durchscrollen.  

Van Haecht war nicht nur ein enger Freund, sondern auch ein wichtiger Gönner von Rubens. Der durfte also auf keinen Fall auf der Leinwand fehlen. Der Künstler erhielt einen prominenten Platz hinter Erzherzog Albrecht: eine wichtige Position, buchstäblich in nächster Nähe zu den Herrschern der südlichen Niederlande. Zusammen mit Prominenten aus der Welt der Kunst und Wissenschaft bewundern sie 43 Gemälde in der Kunstkammer von van der Geest. Jeder, der etwas zu sagen hatte, war dort. Ein soziales Netzwerk, das sich gewaschen hat.  

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Who is who? 

Stolz zeigt Cornelis dem Erzherzog und seiner Frau Isabella eines der Prunkstücke seiner Sammlung: Die Madonna mit Kind von Quinten Massys. Rubens teilt sein bedeutendes Wissen mit dem Erzherzog, während Anthony van Dyck hinter dem Gemälde ins Gespräch mit Jan van Monfort, dem Münzmeister von Antwerpen, gerät.   

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Van Haecht selbst – Verantwortlicher für die tägliche Verwaltung der riesigen Sammlung – lugt ebenfalls zurückhaltend durch die Tür. Aus Respekt vor den vornehmen Gästen nimmt er seinen Hut ab. 

Vier minus eins 

Ein nettes Detail: Bei den verschiedenen Figuren orientierte sich Van Haecht an zuvor von Rubens und Van Dyck gemalten Porträts. Mehr noch: jüngste Forschungen legen nahe, dass der Meister und sein Schüler einige dieser Porträts eigens für dieses Werk schufen.  

Doch alle Anerkennung gebührt Van Haecht. Obwohl er in seinem Leben nur vier Kunstzimmer malte, alle im Auftrag von Cornelis van der Geest, handelt es sich um ganz besondere Gemälde, und wir bezeichnen Van Haecht als den Begründer dieses Genres. Nur eine Handvoll Künstler taten es ihm gleich. Eines der Gemälde verschwand übrigens 1936 spurlos.  

Im Detail 

Von den Werken an der Wand sind heute noch 24 bekannt, die in großen Museen in aller Welt zu sehen sind. Neben der Malerei sind viele andere Dinge in dem Werk zu sehen: Bronzefiguren, ein Schrank voller chinesischem Porzellan, ein Globus, antike Münzen und zahlreiche wissenschaftliche Instrumente. Die Objekte sind eine Art elitäre Visitenkarte, die den Lebensstil des Adels verkörpern sollten. Und das, was bei ihnen im Schrank stand. Wer genau hinsieht, wird immer mehr entdecken.  

  

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Draußen segeln Schiffe auf der Schelde und über der Tür steht die Botschaft „Vive l'esprit“, eine Anspielung auf den Auftraggeber – „Es lebe Van der Geest!“ – aber auch eine Anspielung darauf, wie künstlerisches und intellektuelles Talent den Rest der Welt inspirieren kann.  

Flexible Rückseite 

Die jüngste Restaurierung dieses Werks darf man getrost als revolutionär bezeichnen. Das Königliche Institut für das Kunsterbe (KIK-IRPA) in Brüssel hat 2019 seine Experten darauf angesetzt. Sie bestätigten, dass die Eichentafel aus sieben horizontalen und einem vertikalen Brett besteht. Diese gegenläufige Wirkung des Holzes hat die Tafel und die Farbschicht stark beschädigt.  

  

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Um die Tafel strukturell zu stützen, entwickelte der Restaurator einen flexiblen Träger aus Sitka-Fichte, eine Maßanfertigung für das Werk. Diese elastische Holzart absorbiert die Bewegungen der Platten, was eine gängige Technik in der Luft- und Raumfahrtindustrie ist. Eine Klimabox im Rahmen schützt das Werk vor Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen.    

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Ein einziger Fokus 

Alte Schichten und Hinzufügungen wurden entfernt, Risse gefüllt und die ursprünglichen Farbtöne durch eine gründliche Reinigung zu neuem Leben erweckt. So kamen jahrhundertelang verborgene Details wieder ans Licht. Unter anderem erhielten die Augen von Willem van Haecht ihre ursprüngliche Farbe zurück.  


 

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Während der Restaurierung stießen die Forscher auf etwas Merkwürdiges: Unsichtbare perspektivische Linien führen zu einem Werk an der Kunstwand: Die Amazonenschlacht von Rubens. Die Entdeckung bestätigt die Verbindung zu Rubens und die Bedeutung von Die Kunstkammer von Cornelis van der Geest für das Museum.