Rubens, der Buchliebhaber
Rubens war mehr als nur ein gewöhnlicher Bücherwurm. Er verschlang Gedrucktes und Bilder in rasantem Tempo. Um welche Werke handelte es sich? Warum wählte er gerade diese aus? Und welchen Einfluss hatten sie auf seine Kunst?
Die Privatsammlung von Rubens war eine der größten in ganz Antwerpen. Bücher waren für ihn nicht nur eine Quelle des Wissens und der Inspiration, sie gaben ihm auch Halt und halfen ihm, Entscheidungen zu treffen. Sowohl privat als auch beruflich. Er ließ sich sogar beim Malen aus den Werken bekannter klassischer Autoren vorlesen. Sozusagen ein Hörbuch, bevor das Konzept erfunden wurde.
Rezensionen von Freunden
Woher wissen wir also, was Rubens gelesen hat? Briefe an Freunde und Bekannte verraten sein Interesse an aktuellen Themen, Architektur, Wissenschaft und Politik. Logisch, denn in diesen Bereichen wollte er unbedingt mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten. In seiner Korrespondenz mit Freunden im Ausland wurde häufig über die Bücher diskutiert, oder man half einander, seltene Ausgaben aufzuspüren.
Sogar umstrittene Titel über „Ketzerei‘ bat Rubens zu besorgen. Das verrät sein Interesse an aktuellen Themen. So gelangte er um 1620 in den Besitz des Manifests der Amsterdamer Rosenkreuzer, eines Geheimbuchs, das auf der schwarzen Liste der katholischen Herrscher nochmal unterstrichen war.
Griechische und römische Autoren
Um die klassischen Geschichten in seinen Gemälden 100%ig korrekt zu „erzählen“, sammelte Rubens Bücher von antiken römischen und griechischen Autoren wie Virgil und Ovid. Anhand ihrer Texte entwickelte er visuelle Ideen. Bemerkenswert: Rubens bestellte die Bücher in der Originalsprache, um das Risiko von Übersetzungsfehlern zu vermeiden. Deshalb lernte er sogar Griechisch mit Hilfe eines Wörterbuchs.
Vater-Sohn-Momente
Rubens teilte seine Leidenschaft für antike römische und griechische Autoren auch mit seinem Sohn Albert. Letzterer schmökerte regelmäßig in der umfangreichen Bibliothek seines Vaters. Mit 13 Jahren schrieb Albert sogar ein Gedicht über römische Münzen. Es wurde veröffentlicht und machte ihn zum jüngsten Dichter der Stadt.
Köpfe von Kaisern, Prozessionen, Tempel und Triumphe,
Wurden einst verewigt in Metall
Als Rom, Mutterstadt von Menschen und Göttern,
Noch unter den alten Gesetzen stand.
Die gefräßige Zeit bedroht alles, was der düstere
Schoß der Erde in sich birgt.
Wissenschaft und Natur
Rubens' Buchbestellungen und Aufträge für Buchbinder in der Plantijn-Druckerei bestätigen ebenfalls sein breites Interesse. Von wissenschaftlichen Werken bis hin zu naturhistorischen Enzyklopädien. Wann immer eine neue Ausgabe erschien, fand sie schnell ihren Weg in seine Büchersammlung. Manchmal einfach, weil es ihn interessierte, in anderen Fällen als Vorbereitung auf bestimmte künstlerische Aufträge. Wie malt man auch sonst eine Jagdszene, Nilpferdbeine oder einen Buntspecht, ohne die Details zu verfälschen. Für das richtige Futter, Herausforderungen in Sachen Anatomie oder Gefiederfarbe bediente er sich der Enzyklopädie von Aldrovandi, einem italienischen Physiker.
Akkurater Geschichtenerzähler
Für die korrekte Darstellung historischer Szenen wie Heinrich IV. in der Schlacht bei Ivry schaffte sich Rubens hingegen alle möglichen Geschichtsbücher und Reiseberichte an. Und als Teil seiner diplomatischen Tätigkeit hatte er ein Abonnement der französischen Zeitschrift Mercure François, des Vorläufers der modernen Zeitung. Aber nicht alles drehte sich um seine eigene Arbeit. Auch die Titel von befreundeten Schriftstellern wie Justus Lipsius, Aubertus Miraeus und Jean-Jacques Chifflet fanden sich auf seinen Regalen.
Separates Häuschen
Die Privatbibliothek von Rubens war beeindruckend. Es war sein Internet aus Papier, das er täglich nutzte. Angesichts einer ständig wachsenden Büchersammlung brauchte Rubens Platz, um seine Bücher aufzubewahren. Am Ende seines Lebens wurden seine Bücher sogar in einem eigenen Haus am heutigen Hopland untergebracht, genau dort, wo heute die neue Bibliothek steht.