Das Ganay-Manuskript   
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Das Ganay-Manuskript   

Eine von vier bekannten Kopien von Rubens' verloren gegangenem Exemplar seines theoretischen Notizbuchs. Darin notierte und illustrierte er seine Ideen zu so unterschiedlichen Themen wie Optik, Symmetrie, Proportion, Anatomie, Architektur und menschliche Leidenschaften.    

 

Unbekannter Künstler nach Rubens    

Das Ganay-Manuskript    

2. Hälfte des 17. Jahrhunderts    

Papier    

König-Baudouin-Stiftung, dauerhaft verwahrt im Rubenshuis    

 

Im Depot

Rubens schrieb und zeichnete seine Ideen in ein Notizbuch. Mit eigensinnigen Notizen zu den verschiedensten Bereichen, sogar zu komplexen Themen wie Zahlenmystik, Alchemie und Kabbala, gibt Rubens hier viele Geheimnisse preis. Neben Skizzen machte er sich darin auch Notizen zu Optik, Symmetrie, Proportionen, Anatomie, Architektur und menschlichen Leidenschaften. Ein Blick in Rubens' kreativen Kopf. Dieses Manuskript ist eine von vier erhaltenen Kopien.    

Der Alleskönner 

Egal, wer der Autor war: das de Ganay-Manuskript bestätigt, dass Rubens nicht nur ein außergewöhnlicher Künstler, sondern auch ein leidenschaftlicher Theoretiker war. Rubens beeindruckt vor allem mit den Zeichnungen, in denen er die Gesichter eines Löwen, eines Pferdes und eines Stieres mit antiken Statuen von z. B. Venus und Herkules vergleicht. Er untersucht die Körperformen von Männern, Frauen und Kindern, sowohl mit schematischen Zeichnungen als auch mit Detailstudien.   
  

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Nicht identisch 

Das Original befand sich viele Jahre lang im Besitz von André Charles Boulle, dem Schreinermeister von Ludwig XIV. Doch beim Brand seines Pariser Ateliers im Jahr 1720 ging das einzigartige Dokument in Flammen auf. Glücklicherweise gab es vier Kopien. Nicht von Rubens selbst, sondern von Zeitgenossen angefertigt.   

 

Die Chatsworth- und Bordes-Manuskripte könnten noch zu Lebzeiten von Rubens entstanden sein. Das Johnson- und dieses de Ganay-Manuskript stammen aus einer späteren Zeit und basieren wahrscheinlich auf der Kopie von Bordes. Das erklärt natürlich gleich die recht deutlichen Unterschiede zwischen den vier Versionen.  

„Neuere“ Ergänzungen 

Alle Kopien bestehen aus Illustrationen sowie aus Zeichnungen und Notizen. Aber die, die einst dem französischen Marquis de Ganay gehörte, ist eindeutig die eleganteste. Die Handschrift ist sehr gleichmäßig, die Zeichnungen sind mit einer feinen Feder gezeichnet und die Seitenanordnung ist bemerkenswert ausgewogen.  

Einige Ergänzungen belegen, dass diese Kopie erst nach Rubens' Tod entstand. Zum Beispiel die Zeichnungen von Menschen in Ruhestellung und in Bewegung. Sie erinnern an die Illustrationen von Nicolas Poussin in einer Ausgabe von Leonardo da Vincis Abhandlung über die Malerei aus dem Jahr 1651. Elf Jahre nach Rubens' Tod.  

 

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Wer hat diese Kopie also mit Ergänzungen versehen? Vermutlich jemand aus dem engsten Kreis des Künstlers. Möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem Latinisten und einem oder mehreren Illustratoren. Zwischen den vielen lateinischen Zeilen tauchen auch Fragmente auf Niederländisch auf. Die Kopie ist also sicherlich in Flandern entstanden.   

Zum Ersten, zum Zweiten … 

Die König-Baudouin-Stiftung erwarb das wertvolle Zeitdokument 2012 bei einer Auktion in New York und übergab es umgehend dem Rubenshuis zur dauerhaften Aufbewahrung. Eine weitere Kopie befindet sich in Privatbesitz, das Johnson-Manuskript liegt im Courtauld Institute of Art in London und das Bordes-Manuskript wird im Museo del Prado in Madrid aufbewahrt.