Anthony van Dyck, Selbstporträt
Anthony van Dyck war Rubens' bester Schüler. Außerordentlich talentiert und ein Spitzenporträtist. Es wurde lange davon ausgegangen, dass Rubens dieses schöne Werk schuf, doch neuere Forschungen haben ergeben, dass es Anthony selbst war. Und es war nicht sein erstes.
Anthony van Dyck (1599 - 1641)
Selbstporträt
1616 - 1617
Ölfarbe auf Tafel
Zu sehen in der Rubens Experience (Rubenshuis)
Ein Porträt des Malers Anthony van Dyck aus dem Jahr 1617. Doch von wessen Hand? Der des Meisters Rubens oder der des Schülers selbst? Innovative Forschung ergab eine eindeutige Antwort: Der junge van Dyck entfesselte sein außergewöhnliches Talent an sich selbst. Mit einem atemberaubenden Ergebnis. Allerdings war dieses Selbstporträt nicht sein erstes Selfie. Als Jugendlicher hielt er sich selbst bereits auf der Leinwand fest.
Wunderkind an Bord
Das Spiel von Licht und Schatten verleiht dem Gemälde etwas von einem Schnappschuss. Der junge Anthony wendet sich fast zufällig der „Kamera“ zu. Lange Zeit wurde angenommen, dass Rubens diesen Schnappschuss verewigte. Verständlich, denn sein Schüler besaß das einzigartige Talent, genau das zu tun, was Rubens von ihm erwartete: in seinem typischen Stil malen. Niemand tat das so glaubwürdig wie Anthony und Rubens erkannte dies schon bald. So holte er das erst 18-jährige Wunderkind an Bord, um in seinem Atelier zu arbeiten.
Anthony van Dyck war kein gewöhnlicher Schüler von Rubens. Dies geht aus der Biografie von Rubens' Neffe Filip hervor. Ihm zufolge wurde Anthony sogar „Teil der Familie“. Was genau das damals bedeutete, und ob er mit auf Reisen ging oder am Familientisch aß, sei dahingestellt. In jedem Fall Van Dyck gehörte zu den engsten Vertrauten. In der allerersten Reihe.
Analytischer Blick in van Dycks Kopf
Obwohl ganz im Stil von Rubens, deutet die Pose mit dem gedrehten Kopf und dem durchdringenden Blick auf etwas anderes hin: Dies ist ein echter van Dyck. Bahnbrechende Forschungen in Zusammenarbeit mit der Universität Antwerpen und der KU Leuven brachten die Bestätigung, indem sie den Entstehungsprozess mithilfe der analytischen Bildgebungstechnik MA-XRF akribisch rekonstruierten.
Und was stellte sich heraus? Der Hut war nicht Teil des ursprünglichen Entwurfs, das Gesicht war anfangs runder und der Umhang und der Kragen waren zunächst um einiges unauffälliger. Aber wirklich entscheidend war der gemalte Flügel. Quasi identisch mit den Flügeln in van Dycks Daedalus und Ikarus, wo er ebenfalls sein eigenes Gesicht einfließen ließ.
Sir Anthony
Als Van Dyck dieses Selbstporträt malte, stand er kurz vor dem internationalen Durchbruch. Neben seinem Heimathafen Antwerpen begeisterten sich auch Genua und London für seine Porträts. Er fühlte sich in adligen Kreisen wohl und brachte es sogar zum Ritter und Hofmaler von Englands König Charles I.
Dieser ehrgeizige Blick ist also kein Zufall. Der weite Mantel mit Spitzenkragen und der nach vorne geschobene Hut auf seinen goldblonden Locken runden den Dandy-Look perfekt ab. Er sieht einem direkt in die Augen. Als ob er – speziell für den Betrachter – seinen Pinsel für einen Moment beiseite gelegt hätte.