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De kunstkamer van Cornelis van der Geest

Was ist dort zu sehen?

Die Kunstkammer entschlüsselt

Als die Erzherzöge Albrecht und Isabella vom 15. bis 27. August 1615 in Antwerpen weilten, statteten sie der berühmten Kunstsammlung von Cornelis van der Geest einen Besuch ab. Dieses denkwürdige Ereignis wurde 13 Jahre später zum Motiv einer außergewöhnlich ehrgeizigen Darstellung mit zahlreichen, äußerst präzise angefertigten kleinen Kopien der Kunstschätze aus Van der Geests Sammlung sowie narrativen Details im Überfluss.

Dieses Werk bringt nicht nur den großen Ehrgeiz zum Ausdruck, mit dem Willem van Haecht arbeitete, sondert zeigt auch seine große Begabung als Kopist. Sage und schreibe 43 Gemälde, von denen heute noch 24 bekannt sind, zieren die Wände der Kunstkammer von Cornelis van der Geest.

Kunstfreunde, Künstler und andere vornehme Figuren treffen sich in dieser imaginären Welt. Um sie herum glänzen Sammlungen von Gemälden, Skulpturen, Grafiken, antiken Münzen, Globen, Porzellan und vieles mehr. Auf diesem Bild ist eine Menge zu sehen und man kann viel darüber erzählen. Wir picken einige Dinge heraus. 

 

Einzigartiges Gruppenbildnis

Dieses Gemälde ist nicht nur eine prächtige Kunstkammer, sondern auch ein einzigartiges Gruppenbildnis, eine Art „who is who” der damaligen kulturellen Elite. Es gewährt Ihnen, dem Betrachter, einen seltenen Einblick in die Welt, mit der ein gebildeter Kunstfreund wie Cornelis van der Geest gern in Verbindung gebracht werden wollte.

Van der Geest spielte eine wichtige Rolle in Rubens’ Leben. Den Auftrag, den der Maler für das Altarstück Die Kreuzaufrichtung erhielt, hatte er letztendlich ihm zu verdanken. Rubens bezeichnete den Kunstsammler deshalb auch als: 

“Der beste der Menschen und der älteste der Freunde,
mein beständiger Beschützer seit meiner Jugend.”

Im Vordergrund zeigt der stolze Sammler den Erzherzögen Albrecht und Isabella, den Statthaltern der Südlichen Niederlande, eine Madonna mit Kind von Quinten Massijs. Der Überlieferung zufolge wollte das Fürstenpaar das Gemälde gern kaufen, aber Van der Geest konnte sich nicht davon trennen. Wie man aus der Gebärde seiner linken Hand schließen kann, lag ihm das Bild sehr am Herzen.

Hinter Albrecht steht Peter Paul Rubens und erläutert dem Erzherzog das Werk. Er befindet sich in Gesellschaft von Ladislas Wasa, dem König von Polen. Auch  Anthony van Dyck wohnt dem Treffen bei. Er steht hinter Van der Geest und unterhält sich mit Jan van Monfort, dem Antwerpener Münzmeister. Links hinter der Erzherzogin steht der Antwerpener Bürgermeister Nicolaas Rockox, der genau wie Van der Geest als Mäzen und Auftraggeber eine wichtige Rolle für Rubens’ künstlerische Laufbahn spielte.

Van der Geest unterhielt auch gute Beziehungen zu anderen Kunstsammlern. Zwei von ihnen stehen neben dem mit Kostbarkeiten übersäten Tisch. Der Herr, der sich vornüber beugt, ist höchstwahrscheinlich Jacomo de Cachiopin, ein Zögling aus einem alten spanischen Adelsgeschlecht. Der Mann, der sich nonchalant mit dem Ellbogen auf den Tisch stützt und ein Miniaturporträt hochhält, ist der Kunstkenner Peeter Stevens. Er erhielt zusammen mit Van der Geest einen Platz in Van Dycks Kupferstichserie berühmter Zeitgenossen.

Groepsportret

Ganz rechts unten beugen sich einige Herren über einen Globus, den einer von ihnen mit einem Zirkel ausmisst. Die wissenschaftlichen Instrumente sollten wahrscheinlich als Hinweis auf die wissenschaftliche Grundlage der Malerei dienen.

Bei den beiden Herren in der zweiten Reihe, die den Betrachter anschauen, handelt es sich um den Landschaftsmaler Jan Wildens sowie den Tier- und Stilllebenmaler Frans Snijders. Rubens arbeitete regelmäßig mit beiden Malern zusammen. Sie waren für die Landschaften und Tiere zuständig, während Rubens die Figuren übernahm.

Das Gemälde zeigt ein Netzwerk von Freunden, die sich zusammen Kunst anschauen und darüber sprechen. Dass es sich dabei um Freunde handelt, lässt sich aus der Körpersprache – wie beispielsweise der Hand auf einer Schulter, um ein kleines Gemälde gemeinsam betrachten zu können – schließen. Die hier Anwesenden teilten ihre Liebe zur Malerei und hatten sich von Rubens oder Van Dyck porträtieren lassen. Diese Gemälde verwendete Van Haecht dann als Muster für die Porträts in seiner Kunstkammer.

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Antwerpener Haus

Die gesamte Szene spielt sich in einem reich eingerichteten Zimmer eines Antwerpener Hauses ab. Durch das Fenster links erkennt man auf der Schelde vorbeifahrende Schiffe. Rechts neben der Türöffnung sieht man auf einem Gemälde des Antwerpener Barockmalers Sebastiaen Vranckx den Krankopf am Scheldekai. 

Innen füllen Gemälde die Wände. Auch Abgüsse von lebensgroßen modernen und antiken Skulpturen wurden im Raum aufgestellt. An der Tür begrüßt Apollo Belvedere mit ausgestrecktem Arm die hohen Gäste. Er sollte vielleicht als Hinweis auf das humanistische Ideal „Poesie ist wie Malerei” dienen: Immerhin war Apollon der Schutzpatron der Poesie.

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Vive l’Esprit

Lebe der Geist. Diese Worte prangen über der Tür rechts auf dem Bild. Der Begriff „Esprit” wurde als Synonym für „intellektuelle Inspiration” verwendet. Gleichzeitig handelt es sich dabei aber auch um ein Wortspiel, das auf den Namen Cornelis van der Geest (Geist) und dessen Aktivitäten als Freund der Kunst verweisen sollte.

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Auf dem gebildhauerten oberen Teil der Tür erkennt man das Familienwappen des Kunstsammlers. Der Totenkopf und die Taube symbolisieren die menschliche Seele. Sie scheinen darauf hinzuweisen, dass sein Ruhm der Nachwelt erhalten bleiben wird. Die Büste von Seneca rechts über der Türöffnung gehört heute zur festen Sammlung des Museums.

In der Türöffnung schaut ein Mann neugierig nach innen. Vermutlich hat sich Willem van Haecht hier als Maler und Konservator der Sammlung selbst dargestellt, wie er in höchsteigener Person durch die Tür spaziert: allerdings etwas reserviert und mit dem Hut in der Hand, denn nur gekrönte Häupter durften ihren Hut auch in Innenräumen aufbehalten.

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Antwerpener Musterkarte

Van Haechts Virtuosität beim Nachahmen der verschiedenen Malstile der zahllosen Kopien kennt nicht ihresgleichen. Stolz setzte er 1628 seine Signatur auf eine mythologische Szene von eigener Hand, die vorn in der Mitte ausgestellt wird.  

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Das älteste Stück aus der Kunstsammlung von Van der Geest war ein seltenes profanes Gemälde von Jan van Eyck, das leider verloren gegangen ist. Die Kunstkammer ist vor allem eine Ode an die Antwerpener Malerei. Die Gemälde von Massys und Rubens haben nicht nur die vorrangigsten Plätze in der Darstellung erhalten, sondern sind auch zahlenmäßig überlegen: Man findet hier drei Werke von Massys und zwei von Rubens.

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Ein auffälliges Detail ist der kleine Vorhang, der neben Rubens’ Amazonenschlacht gehängt wurde, um das Bild von Sonnenlicht und Staub zu schützen. Durch diese Schutzmaßnahme erhielt die Besichtigung des kostbaren Gemäldes einen besonders exklusiven Charakter. Da Van Haecht das Werk genau in der Verlängerung von Massys’ Madonna mit Kind darstellte, setzte er Rubens buchstäblich mit seinem berühmten Vorgänger auf eine Linie.  

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Die Sammlung von Van der Geest bietet außerdem eine wunderbare Musterkarte der Antwerpener Malerei des 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Neben Werken von Massys und Rubens sind auch Kompositionen von u. a. Frans Snijders und Jan Wildens vorhanden. Die Winterlandschaft mit Jäger von Wildens weckt die Aufmerksamkeit eines Kunstsammlers, der kniet, um sich Details des Gemäldes genauer anzuschauen.